Digitale Neujahrsvisite der Gesundheitsregion Osnabrück-Emsland
Corona in Stadt und Landkreis
Digitale Neujahrsvisite der Gesundheitsregion Osnabrück-Emsland
Ziemlich genau ein Jahr war es her, dass die Mitglieder der Gesundheitsregion Osnabrück-Emsland zum letzten Mal zusammengekommen waren – zur Neujahrsvisite des Jahres 2020 im Hotel Kohlbrecher in Osnabrück-Atter. Danach hatte die Corona-Pandemie alle weitere Planungen durcheinandergewirbelt und Zusammenkünfte unmöglich gemacht.
Und so war es nur folgerichtig, dass die Gesundheitsregion bei ihrer ersten digitalen Visite zum Auftakt des Jahres 2021 „Ein Jahr Corona“ zum Thema machte. 45 Mitglieder hatten sich per Videokonferenz zusammengeschaltet, um mit zwei hochkarätigen Gästen auf das Pandemie-Jahr zurückzublicken: Katharina Pötter, Stadträtin in Osnabrück und Leiterin des Corona-Krisenstabs, und Dr. Gerhard Bojara, Leiter des Gesundheitsamtes für Stadt und Landkreis Osnabrück.
Doch zunächst begrüßte Dr. Rainer Wölbling, der Vorstandsvorsitzende der Gesundheitsregion, die Teilnehmer bei dieser „Recht außergewöhnliche Neujahrsvisite“. „Vor einem Jahr hatten wir noch angenehmere Bedingungen“, erinnerte er sich zurück. Die Moderation des Abends übernahm dann Prof. Dr. Michael Winking aus dem Vorstand der Gesundheitsregion. Er erklärte den Teilnehmern kurz die Regeln für die digitale Konferenz – „Mikrofon aus, Kamera an“ – und kündigte anschließend die Gäste des Abends an, „zwei Experten, die uns sagen werden, was war, was ist und was noch werden wird.“
Zunächst erhielt Gerhard Bojara das Wort, der darüber berichtete, was ihn „seit einem Jahr fast ausschließlich beschäftigt“: nämlich der Umgang mit der Corona-Pandemie. „Fast genau vor einem Jahr hat die WHO festgestellt, dass es in China ein Problem mit einem neuen Virus gibt“, erinnerte er sich. Bilder von Menschen mit Masken im Gesicht, die uns damals aus Asien erreichen, seien damals für Deutschland noch unvorstellbar gewesen.
Wenig später habe dieses Corona-Virus dann „Lauf um die Welt hingelegt, der beispielhaft ist“, so Bojara. Am 29. Februar gab es die Kontaktperson aus Nordrheinwestfalen, die vom Gesundheitsdienst von Stadt und Landkreis Osnabrück unter Quarantäne gestellt werden musste. Am 5. März wurde dann die erste Corona-Infektion im Landkreis Osnabrück bestätigt. Aktuell gebe es in der Region mehr als 1.100 Infizierte, fast 280 Menschen sind an oder mit dem Corona-Virus verstorben. Der Gesundheitsdienst musste in fast 40.000 Fällen eine Quarantäne aussprechen.
Die schiere Anzahl der Fälle stelle seine Behörde nach wie vor vor Herausforderungen, berichtete Bojara. Aktuell seien dort 377 Mitarbeiter mit der Pandemie beschäftigt. „Ich hätte nicht erwartet, dass die Gruppe so groß wird“, gab Bojara im Rückblick zu. Trotzdem sei die Belastung für die Mitarbeiter hoch: 7-Tage-Wochen, Überstunden und kein Urlaub aber auch maximales Engagement seien an der Tagesordnung.
Zum Abschluss seines Referats wagte Bojara noch einen Ausblick auf das Jahr 2021 – und lieferte damit schon einige Anhaltspunkte für die Diskussion mit den Mitgliedern der Gesundheitsregion. Er zeigte sich überzeugt: „Das Testen wird nicht über das Ende der Pandemie entscheiden“. Forderungen von Politik und Öffentlichkeit nach immer mehr Corona-Tests lehnte er ab: „Tests werden überstrapaziert in ihrer Aussagekraft.“ Auch vom Impfen versprach er sich keine kurzfristige Entlastung. Frühestens im Spätsommer erwarte er die ersten Effekte, so Bojara.
Anschließend ließ es sich auch Katharina Pötter nicht nehmen, aus ihrer Sicht „eines Nicht-Mediziners“ auf 2020 zurückzublicken. Insbesondere an eine der ersten Aktionen des Krisenstabs erinnerte sie sich gut zurück: Anfang März 2020 wurden Osnabrücker Schüler aus Südtirol zurückgeholt, die dort eine Skifreizeit verbracht und Corona-Symptome entwickelt hatten. Zunächst habe sie sich im privaten Umfeld noch für diese Entscheidung rechtfertigen müssen, berichtete Pötter – zumal sich schnell herausstellte, dass die Jugendlichen sich nur mit der Grippe angesteckt hatten. Doch schon wenig später verstummten die kritischen Stimmen angesichts der sich zuspitzenden Lage auch in der Region Osnabrück.
Neben diesem „einschneidenden Ereignis“ habe sie vor allem die anfängliche Erkenntnis erschreckt, „dass wir auf eine solche Pandemielage nicht gut vorbereitet waren“. Angesichts des stabilen Infektionsgeschehens „sind Lockerungen für mich aktuell kaum vorstellbar“, so Pötter. Den Impfbeginn bezeichnete sie als „Licht am Ende des Tunnels“.
„Wir haben uns gefreut, als im November der Auftrag vom Land kam zum Aufbau eines Impfzentrums“, berichtete sie. Aktuell seien drei mobile Impfteams im Einsatz, um die besonders gefährdeten Bewohner in Altenheimen und die Pflegekräfte mit dem Impfstoff zu versorgen. Bis zum 14. Januar sollen in der Stadt Osnabrück alle Bewohner von Altenheimen – etwa 2000 Menschen – geimpft sein.
Pötter stellte in Aussicht, dass die Impfzentrem am 1. Februar in Betrieb gehen könnten, um alle die Menschen über 80 zu impfen, die nicht in Pflegeeinrichtungen betreut werden. „Das sind ungefähr 10.000 Menschen allein in der Stadt“, so Pötter. Wenn man davon ausgehe, dass wie geplant alle 11 Tage 1111 neue Dosen des Impfstoffs geliefert werden, werde verständlich, dass „wir im ersten Quartal 2021 gut beschäftigt sind mit der Gruppe, die die erste Priorität beim Impfen hat.“
Im Anschluss an die beiden Referate hatten die Mitglieder der Gesundheitsregion die Gelegenheit, den beiden Gästen ihre Fragen zu stellen. Sie wollten unter anderem wissen, inwiefern die aktuellen Inzidenzwerte schon das Infektionsgeschehen an den Feiertagen abbilden. Gerhard Bojara verneinte das. Ebenso halte er aktuell nichts davon, die Maßnahmen wegen der Mutation B117 zu verschärfen. Mit Blick auf die Situation der Wirtschaft in der Region bestätigte Katharina Pötter die Sorgen, insbesondere um den Einzelhandel in den Innenstädten. „Da befürchte ich schon, dass es nachhaltige Schäden geben wird. Aber ich halte es für alternativlos“, so Pötter.
Prof. Dr. Michael Winking beschloss den Abend mit einem hoffnungsvollen Wunsch: „Lassen Sie und die Maßnahmen befolgen und möglichst unbeschadet aus der Pandemie herauskommen“, riet er den Mitgliedern der Gesundheitsregion. Die verabschiedeten sich anschließend per Mausklick wieder in ihre Büros und Privaträume. Das sonst übliche Netzwerken am Ende einer jeden Visite fiel dieses Mal aus.